Das Drachenmädchen am Rande der Welt…
Seit vielen Jahren begleitet mich dieses Mädchen - mit seinen grünen Augen. Die eisige Kälte, diese ausweglose Situation und ihr enormer Mut - all das berührt mich. Jedesmal kippe ich erneut in dieses Wintermärchen mit all seinen emotionalen Wendungen.
Oft habe ich es in Volksschulen vorgelesen. Es war auch die Geschichte für eine Veranstaltung im Rahmen meiner Ausbildung zur Literaturvermittlerin. Damals spielte ich es in einer kleinen Stadtgalerie als großes Papiertheater am Boden. Mit Ästen bauten wir ein Lagerfeuer, es gab eine große Schachtelhütte auf der der Eisdrache ruhte… immer wieder schmerzte mich diese Geschichte - innen drinnen.
Die folgenden Jahre verbrachte dieses Stück in meinem Lager. Bei meiner Umsiedelung in eine andere Werkstatt musterte ich einige Requisiten davon aus.
„Es war genug”,dachte ich mir.
Letzten Frühling fragte mich eine Volksschuldirektorin, ob ich mit diesem Märchen in ihre Schule kommen möchte…
„Will ich das wirklich?“, fragte ich mich.
Ja! Der Gedanke ließ mich nicht mehr los.
So tauchte ich im Sommer erneut ein - in das Land am Rande der Welt, in die Kälte und in das wunderschön schmerzliche Märchen rund um das Mädchen und den Eisdrachen.
Ich baute wieder eine Kulisse - aus großen Eisbergen, Unmengen an Gartenvlies, dürren Ästen und einer weißen Leinwand für Lichtbrechung und Reflexionen. Diesmal begleitet uns eine sehr stimmungsvolle Musik, die einen zarten Rahmen bildet.
Wir spannen den Bogen zu Kunst-und Volksmärchen und am Ende gibt es für jedes Kind ein hartes Knäckebrot mit Brombeermarmelade - das allerletzte Stückchen Brot!
Wieder packt mich jedesmal das Mitgefühl für den Drachen. Die Tage und Nächte, die er allein und verletzt auf dem Dach verbringt. Die Ablehnung des Mädchens und sein großer Zorn lösen eine Unruhe in mir aus. Am Ende - die lang ersehnte Versöhnung, die Genesung - ein Aufatmen bevor der berührende Abschied folgt.
Manche Geschichten vereinnahmen uns gänzlich. Auch wenn dies Kraft kostet, müssen wir es als Geschichtenerzählerinnen zulassen. Immer und immer wieder!
Meine klirrend-kalte Buchempfehlung:
Der Eisdrache (Troon Harrison und Andrea Offermann/Nilpferd)